Mit dem Jahr 2025 erleben wir ein ganz besonderes Jubiläum: 35 Jahre Hallesche AIDS-Hilfe.
Mit unserem Fachtag am 12. November 2025 wollen wir dieses Jubiläum nicht nur gebührend feiern, sondern zugleich eine Gelegenheit für den fachlichen Austausch zu den Themen Sexualität und Gesundheit schaffen.
Nach einem feierlichen Teil wird es Fachvorträge zu aktuellen Fragen von AIDS-Hilfe-Arbeit geben. Anschließend bieten mehrere Workshops die Möglichkeit zur Vertiefung und zum Diskurs. Willkommen
sind uns nicht nur Fachlaute aus Sozialer Arbeit, Bildung und Gesundheit, sondern auch alle Interessierten.
Wir freuen uns auf einen besonderen und spannenden Tag mit euch!
Team und Vorstand
AIDS-Hilfe Halle/Sachsen-Anhalt Süd e.V.
Datum:
12. November 2025
Veranstaltungsort:
Franckesche Stiftungen Halle
Franckeplatz 1, Haus 1
06110 Halle (Saale)
Programmablauf
Einlass: ab 8:45
09:30 Uhr – 10:15 Uhr: Begrüßung und Grußworte
10:15 Uhr - 10:30 Uhr: Pause
10:30 Uhr – 12:00 Uhr: Vorträge
- HIV und Schuldgefühle, Franziska Hartung
- AIDS-Hilfe im gesellschaftlichen Wandel, Martin Thiele
12:00 Uhr – 13:00 Uhr : Mittagspause
13:00 Uhr – 15:00 Uhr: Workshop-Phase:
- WS 1: HIV und Recht, Jacob Hösl
- WS 2: Safer Sex 3.0, Udo Scheinpflug
- WS 3: Safer Sex, sexuelle Bildung und Moral, Franziska Hartung
- WS 4: Gegen den Rechtsruck, Lara Büttner
- WS 5: Chemsex, Urs Gamsavar
15:00 Uhr – 15:30 Uhr: Kaffeepause
15:30 Uhr – 16:00 Uhr: Ergebnispräsentation der Workshops
16:00 Uhr: Verabschiedung
Vorträge
- „HIV & Schuldgefühle - ein verinnerlichtes Erbe?“
Seit Beginn an ist eine HIV-Infektion mit der stigmatisierenden Zuschreibung von Schuld und Strafe für „abweichende“ Lebensstile und Sexualitäten besetzt. Dies hat bis heute Folgen – sowohl für Menschen mit HIV als auch für die HIV-Prävention. Auch in der HIV-Testberatung lässt sich immer wieder beobachten, dass Menschen, die befürchten sich mit HIV infiziert zu haben, enorme Schuldgefühle und Ängste vor sozialer Ächtung haben. Diese äußern sich z.B. in starken Selbstvorwürfen, Strafgedanken, Bagatellisierungen oder irrational erscheinenden Ansteckungsängsten. Auch die Testberatung selbst scheint mit (symbolischen) Bedeutungen versehen zu sein, wie die der Beichte und Absolution.
In diesem interaktiv gestalteten Vortrag begeben wir uns auf die Spur der HIV-bezogenen Schuldgefühle. Woher rühren diese und welche Auswirkungen haben sie? Welche Schlussfolgerungen lassen sich für Prävention und Beratung treffen?
Franziska Hartung, M.A. angewandte Sexualwissenschaft. Selbstständige Referentin für Sexuelle Bildung bei „lust.voll.lernen – Zentrum für Sexuelle Bildung und Beratung” in Leipzig. Sie hat u.a. in der HIV-Testberatung und aufsuchenden Arbeit für Sexarbeitende im Gesundheitsamt Leipzig gearbeitet und war wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Forschungsprojekt „positive Stimmen 2.0“.
- „AIDS-Hilfe im gesellschaftlichen Wandel: Weshalb es AIDS-Hilfe heute noch braucht“
Vor dem Hintergrund erneut steigender HIV-Raten, einer hohen Dunkelziffer an Infektionen und zahlreicher Spätdiagnosen erschließt sich aus epidemiologischer Sicht sofort, weshalb es die Arbeit der
AIDS-Hilfen heutzutage noch braucht. Der Vortrag möchte eine andere Perspektive eröffnen, die in den AIDS-Hilfen eine einzigartige zivilgesellschaftliche und soziopolitische Organisation erkennt. Dafür soll ein sozial- und kulturwissenschaftlicher Blick in die Geschichte der sogenannten AIDS-Krise der 1980er Jahre geworfen werden. Ziel des Vortrags wird es sein, deutlich zu machen, dass AIDS-Hilfe nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen epidemiologischen Entwicklungen, sondern ebenso im soziokulturellen Kontext des Wiedererstarkens rechter Kräfte in Politik und Gesellschaft
unverzichtbar bleibt.
Martin Thiele ist Diplom-Erziehungswissenschaftler und als Berater und Geschäftsführer für die AIDS-Hilfe Halle/Sachsen-Anhalt Süd tätig. Er forscht sozial- und kulturwissenschaftlich zur Geschichte
der AIDS-Krise sowie radikaler AIDS-Politiken. Aktivistisch engagiert er sich im Kontext emanzipatorischer Sexualpolitiken.
Workshops
- WS 1: „Gegen HIV gibt’s Medikamente, gegen Diskriminierung nicht“
Heute spielt HIV medizinisch kaum noch eine Rolle, doch Diskriminierung und Vermeidungsverhalten bestehen fort. Lange fehlten Menschen mit HIV Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Ein Mei-
lenstein war das Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2013, das HIV unter den Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) stellte.
Der Workshop stellt die Entscheidung und ihre Hintergründe vor und beleuchtet ihre Bedeutung und Tragweite für die Rechte von Menschen mit HIV.
Jacob Hösl arbeitet als selbstständiger Rechtsanwalt. Er widmet sich rechtlichen Themen, die im Zusammenhang mit HIV stehen, und hat zahlreiche Menschen mit HIV in schwierigen Lebenslagen anwaltlich vertreten. Hinzu kommen zahlreiche Vorträge sowie Veröffentlichungen zu diesem Themenspektrum.
- WS 2: „Safer Sex 3.0 – HIV-Prävention heute“
Seit dem Auftreten von HIV und AIDS haben sich sowohl das Leben mit HIV als auch die Möglichkeiten der Prävention verändert. Neben Kondomen schützen heute auch die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) und „Schutz durch Therapie“ vor einer Übertragung. Damit verbunden sind jedoch viele Fragen: Wie funktionieren die Strategien? Wie sicher sind sie? Für wen sind sie geeignet? Der Workshop „Safer Sex 3.0 – HIV-Prävention heute“ greift diese Themen auf. Er bietet Inputs zu Grundlagen und Strategien, Raum für Austausch sowie aktuelle, praxisnahe Informationen. Ziel ist es, Mythen abzubauen und Wissen zu stärken.
Udo Scheinpflug ist seit 2021 Sozialarbeiter in der aidshilfe leipzig e.V. Seine Aufgabenbereiche umfassen Sexuelle Bildung und Beratung, Testung sowie Vor-Ort-Arbeit in queeren Communities. Er
absolvierte den Master „Angewandte Sexualwissenschaft“ und forschte unter anderem zu sexueller Zufriedenheit sowie zum Leben mit HIV im Alter.
- WS 3: „Super Safe Sex?!“ – Von sicherer und (moralisch) sauberer Sexualität
HIV und andere STIs konfrontieren uns nicht nur mit gesundheitlichen Fragen, sondern ebenso mit unseren persönlichen wie gesellschaftlichen (Moral-)Vorstellungen und Ängsten in Bezug auf Sexualität. Sie führen zu dem Bedürfnis, die Sexualität so sicher, risikoarm und verantwortungsvoll wie möglich zu gestalten. Ohne den Sinn von Safer Sex in Frage zu stellen, soll im Workshop diskutiert werden, welche normativen, moralischen und psychosozialen Bedeutungen HIV, STIs und Safer Sex inne haben und welche präventiven Botschaften und Glaubenssätze wir gelernt haben und vermitteln (wollen).
Dabei wollen wir uns auf die Spur folgender Fragen begeben: Was genau heißt eigentlich heute Safer Sex? Ist Safer Sex super Sex? Wie sicher kann und sollte Sex überhaupt sein? Was bedeutet Selbst- und Fremdverantwortung im Bereich HIV und STI und wie kann eine „sinnliche Vernunft“ gelingen?
von: Franziska Hartung
- WS 4: „Gegen den Rechtsdruck“
Als Beratungsstelle für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt wird die Mobile Opferberatung im Workshop auf folgende Fragen eingehen: Wie können queere Menschen bzw. queere Communities sich vor rechten Angriffen schützen? Was gilt es nach einem Angriff zu beachten und zu tun? Wie können Resilienz und Empowerment für queere Communities aussehen? Der Input bietet Informationen, Austausch und praxisnahe Strategien für Einzelpersonen, Gruppen und Unterstützende.
Lara Büttner arbeitet bei „Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e.V.”. Der Verein setzt sich für eine offene, plurale und demokratische Gesellschaft in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus ein. Sie arbeiten gegen Rassismus, Antisemitismus und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, die zu Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt führen.
- WS 5: „Chemsex“
Der Konsum psychoaktiver Substanzen im sexuellen Kontext – auch Chemsex genannt – kann Lust und Zugehörigkeit fördern, ist jedoch mit gesundheitlichen, psychischen und sozialen Risiken verbunden. Viele Betroffene erleben Stigmatisierung und stoßen in Medizin und Beratung oft auf Unverständnis oder fehlende Fachkenntnis.
Der Workshop vermittelt Fachkräften Wissen über Hintergründe und Risiken von Chemsex und zeigt Wege für einen sensiblen, vorurteilsfreien und praxisnahen Umgang auf. Ziel ist es, den Zugang zu
einer vulnerablen und häufig diskriminierungs erfahrenen Zielgruppe zu verbessern.
Urs Gamsavar ist Paar- und Sexualtherapeut, Sozialarbeiter, Geschlechterforscher und langjähriger Dozent. Er ist seit vielen Jahren in der queeren Szene Berlins verankert und kennt dadurch die Vielfalt von Beziehungsmodellen und LGBTIQ-Lebensweisen ebenso wie ihre Herausforderungen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in sexueller Gesundheit, Chemsex und sexualisiertem Substanzkonsum.
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