Als Mitgliedsorganisation der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. gehört die HIV- und STI-Prävention im Bereich der Sexarbeit und Prostitution auch zu den Aufgabenfeldern der Aidshilfe Halle. 

So verfolgen auch wir die Entwicklungen hinsichtlich des geplanten umstrittenen Prostituiertenschutzgesetzes (im Folgenden ProstSchG): Im Jahr 2015 wurde der Gesetzesentwurf des „Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ vorgelegt und gut ein Jahr später, am 23. September 2016 wurden die neuen Bestimmungen für das ProstSchG in dritter Lesung verabschiedet, um am 01. Juli 2017 in Kraft treten zu können. Obwohl sich seit dem Entwurf etliche Vereine, Verbände und Organisationen wie Amnesty International, die Deutsche AIDS-Hilfe oder auch der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen mit begründeten Argumenten gegen das geplante Gesetz ausgesprochen haben, wurden diese Einwände nicht gehört oder schlichtweg abgetan. Auch Empfehlungen, das fragwürdige Gesetz etwas später in Kraft treten zu lassen, damit Länder und Kommunen mehr Zeit für die Umsetzung der bevorstehenden Herausforderungen bekommen, wurden vom Bundesrat nicht beachtet.

Nun stehen Länder und Kommunen vor der Aufgabe, passende Angebote zu schaffen sowie Zuständigkeiten für die vorgegebenen bürokratischen Akte, wie die im Gesetz beschriebene Anmelde- und Beratungspflicht zu klären. Der Anmeldepflicht nach sollen Prostituierte vor Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der „zugehörigen“ Behörde vorsprechen und die Tätigkeit registrieren, mit Angabe genau definierter Personendaten und Lichtbilder. Die Ziele des ProstSchG, die beispielsweise durch genannte Pflichten erreicht werden sollen, sind der Schutz der Prostituierten vor Ausbeutung und die klare Regelung und Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Die sogenannte Zwangsprostitution soll erkannt und verhindert sowie eine gute gesundheitliche Gesundheitsvorsorge ermöglicht werden. Die Kritiker_innen dieses Gesetzes sehen diese Zielsetzungen durch die hohen bürokratischen Hürden und die damit verbundenen immensen Kosten für Länder und Kommunen in Gefahr.

Dieser hohe Verwaltungsaufwand muss beispielsweise durch Gebühren der Anmeldung kompensiert werden, die für die in der Sexarbeit und Prostitution Tätigen teilweise kaum zu bezahlen sein werden. Es können Schulden entstehen, wodurch die Abhängigkeit von mittellosen Prostituierten gegenüber Schlepper_innen und Zuhälter_innen deutlich ansteigen und sie weiterhin in die Zwangsprostitution zwingen wird. Auch das Nichtanmelden aufgrund einer fehlenden Meldeadresse, die dafür notwendig ist, kann wiederum dazu führen, dass die Sexarbeitenden im Notfall nicht die Polizei rufen, aus Angst, selbst belangt zu werden, weil sie nicht gemeldet sind. Durch die Verdrängung in den illegalen Bereich der Prostitution werden die Betroffenen noch weniger von Hilfsangeboten erreicht, so auch weniger von sehr wichtigen und gesundheitsfördernden Angeboten der HIV- und STI-Prävention. Problematisch an diesem Gesetz ist hierbei auch, dass die verschiedenen Formen der Sexarbeit und Prostitution vermengt und nicht differenziert betrachtet werden. Denn so verschieden die Prostitution und Sexarbeit sind, so verschieden sind die Lebenswelten und Lebenslagen derer, die sich in diesen Strukturen befinden. Sie reichen von selbstbestimmter Ausübung bis hin zur gezwungener Prostitution oder Beschaffungsprostitution. Somit sind auch die Vulernabilitätsfaktoren, also die Verletzlichkeit der betroffenen Menschen, unterschiedlich stark ausgeprägt.

Das geplante Gesetz wird daher nicht nur zur Folge haben, dass diejenigen Personen, die unfreiwillig und gezwungen der Prostitution nachgehen müssen, weiterhin ausgebeutet werden, sondern auch, dass die Ausübung der professionellen Sexarbeit stark erschwert wird. Ihre Grundrechte, wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder die Berufsfreiheit werden durch die übermäßige Kontrolle und Überwachung regelrecht beschnitten. Sexarbeitende werden seit jeher stark marginalisiert und mehrfach diskriminiert, sodass die Registrierung derer auch aus dieser Perspektive unverhältnismäßig hoch ist. Die Deutsche AIDS-Hilfe, die langjährige Präventionsarbeit mit und für Sexarbeiter_innen und Prostituierten nachweisen kann, verfolgt zwar dieselben Ziele wie das Gesetz, also den Schutz der Prostituierten, spricht sich allerdings deutlich für eine andere Umsetzung der Ziele aus als es im Gesetzesentwurf bestimmt wird. Freiwillige Angebote werden gerne angenommen, wohingegen Kontrolle und Repression die Menschen in illegale Bereiche drängen, wo sie nicht mehr erreichbar sind. Das bedeutet, dass sie nicht über medizinische oder soziale Unterstützungsangebote informiert werden können. Der ewig währende Kreislauf der Tabuisierung, der Gewalt und Diskriminierung kann sich so immer mehr verdichten und hat unter anderem HIV-Neuinfektionen zur Folge, die durch weniger Kontrolle verhindert werden könnten. Sinnvoll wären die Stärkung der Lebenssituation und der Rechte von Sexarbeiter_innen und Prostituierten, sowie die Aufklärung auf Seiten der Sexarbeiter_innen wie auch der Freier.

Autorin: KaJa
Bild: DAH