Schutz durch Therapie wird von manchen Paaren angewendet, in denen einer der Partner HIV-positiv und der oder die andere HIV-negativ ist.

Die Methode beruht darauf, dass der HIV-positive Partner eine gut funktionierende HIV-Therapie einnimmt und dass in seinem Blut seit mindestens einem halben Jahr keine HIV-Viren mehr nachweisbar sind. Dann befinden sich nämlich auch in Körperflüssigkeiten wie Sperma und Scheidenflüssigkeit sehr viel weniger Viren. Damit ist eine HIV-Übertragung so gut wie ausgeschlossen.

Wichtig: Der HIV-positive Partner muss seine Therapie regelmäßig einnehmen und muss den Erfolg der Therapie regelmäßig  überprüfen lassen.

Die Viruslastmethode sollte man nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt anwenden.

Die häufigsten Fragen und die dazugehörigen Antworten gibt es unten.

1. Schützen HIV-Therapien vor der HIV-Übertragung?

Kann es Safer Sex ohne Kondom geben, wenn die Medikamente beim HIV-positiven Partner gut wirken? Über diese Frage wird in letzter Zeit viel diskutiert. Dabei ist nichts so wichtig wie solide Informationen. Nur wer gut Bescheid weiß, kann eine aufgeklärte und selbstbestimmte Entscheidung treffen. Wir beantworten hier die häufigsten Fragen zum Thema „Nicht-Infektiösität“ beziehungsweise der so genannten „Viruslastmethode“.

2. Wie funktioniert der Schutz durch die HIV-Medikamente? 

Die HIV-Medikamente verhindern im Körper eines HIV-positiven Menschen die Vermehrung des Virus. Nach einiger Zeit ist bei einer gut wirksamen Therapie im Blut kein HIV mehr nachweisbar. Man spricht dann von einer „Viruslast unter der Nachweisgrenze“. Kurz darauf sind dann auch in Sperma, der Scheidenflüssigkeit, in anderen Körperflüssigkeiten und in den Schleimhäuten keine oder nur noch sehr wenige HI-Viren nachweisbar. Eine Übertragung von HIV auf Sex-Partnerinnen und –Partner ist dann extrem unwahrscheinlich.

3. Wie sicher ist der Schutz durch die Medikamente?

Studien haben ergeben, dass eine gut wirksame HIV-Therapie mindestens genauso zuverlässig vor der Übertragung von HIV schützt wie Kondome. In diesem Fall ist also auch Sex ohne Kondom Safer Sex. Absolute Sicherheit gibt es in beiden Fällen nicht, denn auch beim Kondomgebrauch kann etwas schief gehen. Aber beide Methoden haben eine sehr hohe Schutzwirkung.

4. Wie groß ist das Restrisiko?

Das Restrisiko ist schwer zu beziffern, auf jeden Fall aber äußerst gering. Weltweit ist bisher nur ein Fall wissenschaftlich dokumentiert, in dem HIV offenbar trotz wirksamer Therapie übertragen wurde (wobei dies nicht einmal zweifelsfrei erwiesen ist).

5. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit die Therapien schützen?

Die Viruslast muss seit mindestens einem halben Jahr unter der Nachweisgrenze liegen und der oder die HIV-Positive muss die Medikamente regelmäßig einnehmen. Ob die Bedingungen erfüllt sind, muss alle drei Monate durch Bluttests in einer auf HIVspezialisierten Praxis oder Ambulanz überprüft werden.

6. Kann die Viruslast wieder ansteigen – und damit wieder die die Möglichkeit der Übertragung entstehen?

Das kann vor allem passieren, wenn die Medikamente nicht regelmäßig eingenommen werden. Die Wirksamkeit der Therapien kann nach einiger Zeit auch aus anderen Gründen nachlassen, deswegen sind regelmäßige Kontrollen der Viruslast wichtig, in der Regel einmal pro Vierteljahr.

7. Steigern andere sexuell übertragbare Infektionen das Risiko?

Oft ist zu hören, die „Viruslastmethode“ funktioniere nur, wenn keine andere sexuell übertragbare Infektion vorlägen. Davon sind Experten auch lange ausgegangen. Generell erhöhen sexuell übertragbare Infektionen wie SyphilisTripper oder Chlamydien das Risiko der HIV-Übertragung erheblich. Mittlerweile zeichnet sich in Studien aber immer mehr ab, dass dies angesichts einer gut wirksamen HIV-Therapie nur wenig Einfluss auf das Übertragungsrisiko hat. Das Restrisiko erhöht sich nur minimal.

8. Kann die Viruslast nicht steigen, wenn der oder die HIV-Positive eine Syphilis oder eine andere sexuell übertragbare Infektion hat?

Das ist möglich, der Anstieg wird aber angesichts der Therapien nur minimal ausfallen, so dass eine HIV-Übertragung weiterhin fast ausgeschlossen bleibt.

9. Ist der oder die HIV-Negative nicht besonders gefährdet, wenn er oder sie eine andere sexuell übertragbare Infektion hat?

Prinzipiell stimmt das. Die Infektionswahrscheinlichkeit steigt dann erheblich. Relevant ist dies, wenn Sex mit einer Person stattfindet, deren Körperflüssigkeiten infektiös sind, also eine hohe Menge an HI-Viren enthalten. Bei einem Partner mit einer Viruslast unter der Nachweisgrenze ist die höhere Anfälligkeit kaum von Bedeutung.

10. Was ist, wenn der HIV-Positive manchmal zu spät einnimmt oder auch einmal vergisst?

Die Einnahme muss nicht minutengenau erfolgen, sondern verträgt durchaus gewisse Abweichungen vom Zeitplan. Wenn einzelne Einnahmen verzögert erfolgen oder vergessen werden, gefährdet das nicht gleich den Therapieerfolg und es entsteht auch kein höheres Übertragungsrisiko. Vergisst man die Einnahme aber häufiger, kann die Viruslast wieder steigen – und damit das Übertragungsrisiko. Im Zweifel sollte man darüber mit dem behandelnden Arzt sprechen.

11. Kann ich mich wirklich sicher fühlen, wenn die Bedingungen erfüllt sind?

Die entscheidende Frage lautet: Weißt du wirklich, ob die Bedingungen erfüllt sind? HIV-Positive können diese Fragen gemeinsam mit ihrem Arzt klären. HIV-Negative und Ungetestete müssen darüber mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin reden und sind darauf angewiesen zu vertrauen. Ob ein entsprechendes Vertrauensverhältnis besteht, muss jeder Mensch im Einzelfall für sich entscheiden. Bei flüchtigen sexuellen Begegnungen ist das sicher meist schwierig, bei engeren Bindungen ist es eher möglich. Wir empfehlen, bei Unsicherheiten Kondome zu verwenden. Auf das Kondom verzichten sollten Paare nur, wenn beide gut informiert sind und sich mit der gemeinsamen Entscheidung wohl fühlen.

12. Ist es nicht sicherer, zusätzlich zum Schutz durch die Therapie weiterhin Kondome zu verwenden?

Das ist in der Tat die sicherste Variante. Beide Methoden summieren sich zur maximalen Schutzwirkung. Allerdings ist auch die Schutzwirkung durch Kondome beziehungsweise die HIV-Therapie allein schon sehr hoch.

13. Warum empfiehlt die Deutsche AIDS-Hilfe nicht einfach weiterhin Kondomgebrauch – das wäre doch das sicherste!

Die wenigsten Menschen möchten ihr Leben lang Kondome benutzen. Dass unter Therapie HIV nicht mehr übertragbar ist, eröffnet vielen Paaren die Möglichkeit zu einem freieren Sexualleben – bis hin zur Zeugung von Kindern. Das Restrisiko ist so gering, dass es vernachlässigt werden kann – wenn alle Beteiligten sich wohl mit der gemeinsamen Entscheidung fühlen. Auch in anderen Bereichen des Lebens, zum Beispiel im Straßenverkehr oder beim Sport, akzeptieren wir alle Restrisiken. Die Entscheidung über den Umgang mit diesen Risiken muss jeder Mensch selbst treffen. – Außerdem wird die Viruslastmethode bereits diskutiert und teilweise auch angewendet. Die Aufgabe der Deutschen AIDS-Hilfe besteht darin, Informationen bereitzustellen, damit möglichst viele Menschen die Situation realistisch einschätzen können.

14. Was spricht noch dafür, weiterhin Kondome zu verwenden?

Bei wechselnden Partnern helfen Kondome, das Risiko anderer sexuell übertragbarerer Infektionen (z.B. SyphilisTripper und Chlamydien) zu verringern. Diese Infektionen können wiederum dazu führen, dass man sich leichter mit HIV infiziert. Dieses Risiko besteht dann aber nicht beim Sex mit HIV-Positiven, deren Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt. Deren Körperflüssigkeiten sind schließlich nicht infektiös. Relevant ist es vor allem beim Sex mit anderen Partnerinnen und Partnern, deren HIV-Status man nicht kennt. – Bei nicht behandelten HIV-Positiven kann die Viruslast durch andere Infektionen erheblich steigen.